Shortlist 2023

Lotte Bräuning, Kontakt und Jurystatement

post@lottebraeuning.de


DETEKTIVBÜRO HAFENKANTE – Band 1, DER ZUCKERSCHOCK
(Hans ten Doornkaat)
Lotte Bräuning bespielt ein Muster, dass vor allem durch den Longseller Die Abenteuer der Schwarzen Hand bekannt ist. Gehört ein Kinderkrimi zum Mitraten ins Bilderbuch?
Die Jury befand, dass der Textumfang vielleicht dagegen spricht, dass aber Bräunings Bildern eine so tragende Aufgabe zukommt, dass ihr Rütteln an den Gattungsgrenzen imponiert. Der Strich wirkt skizzenhaft, aber Schraffuren und Kolorierung heben die Illustrationen weit über den Typus reich illustrierter Kinderbücher hinaus. – Ein Bilderbuch für die Shortlist!

Hannah Brückner, Kontakt und Jurystatement

brueckner.hannah@googlemail.com

VON WEGEN KATASTROPHE
(Hans ten Doornkaat)
Hannah Brückner treibt es bunt und turbulent, jedenfalls im Vergleich mit ihren bisherigen Arbeiten. Von wegen Katastrophe tritt dennoch farblich verhalten und focusiert auf: Im Dinomuseum kommt es zu einem Durcheinander und schließlich zu einem kühn geflickten Skelett. Wie Brückner mit klarem Strich ihren Figuren große Körper und kleine – karikierte, aber freundlich nuancierte – Gesichter gibt, zeigt die Künstlerin als Könnerin des schmunzelnden Erzählens. Museumsbesucher, Debakel und Knochensammelsurium gehören zu einer perfekt umrissenen Realwelt und sind doch reizvoll eigen und attraktiv für immer neues Entdecken.

Florence Dailleux, Kontakt und Jurystatement

florence.dailleux@me.com

Kleine Metamorphosen
(Marlen Bialek )
Sogenannte Mix-Max- oder Klipp-Klapp-Bücher gibt es viele – und Florence Dailleux‘ Einreichung sticht wirklich heraus!
Die unzähligen Kombinationsmöglichkeiten ihrer „Kleinen Metamorphosen“ regen die Kreativität an und laden Kinder und Erwachsene zum Fabulieren ein. Die klaren, schwungvollen Linien, die eindrucksvollen, starken Farben und das Spiel mit der Verwandlungsthematik: All das ist hier virtuos umgesetzt. Ein Buch, das Spaß macht, Spielfreude freisetzt und Betrachter*innen dazu einlädt, sich immer und immer wieder überraschen zu lassen. Nonsens? Vielleicht. Aber im besten Sinne: klug, wirkmächtig und inspirierend!

Joana Dürnberg, Kontakt und Jurystatement

joani-d@gmx.de

Mamas Schal
(Annika Siems)
Bei dem Bilderbuchkonzept „Mamas Schal“ hat uns die Geschichte sofort überzeugt. Einfühlsam nähert sich die Autorin einem wirklich schweren Thema, dem Tod der Mutter, aus Sicht eines Kindes. Nur der rote Schal mit dem Geruch der Mutter bleibt zurück. Wie der Geruch, so droht auch die Erinnerung zu verblassen.Die Bildkompositionen untermalen abwechslungsreich und stimmig den buchstäblich roten Faden des Buches.
Eine durch und durch gelungene Arbeit und ein Buch für jeden, der einen geliebten Menschen verloren hat, mit Kindern dieses Thema besprechen oder sich einfach nur berühren lassen möchte.

Auch Cornelia Funke schreibt, sie wünsche möglichst vielen Kindern Joanas Buch in die Hand. „Kinder werden oft so allein gelassen mit dem Verlust eines Elternteils. – In Kalifornien ist das sehr anders, was wir als Familie als großen Trost empfunden haben. Aber in Europa ist es ja leider oft das große Schweigen. Bei Joanas Bildern werden die Kinder sogar lachen,“ vermutet Cornelia Funke.

Fátima Ordinola, Kontakt und Jurystatement

fatima.ordinolag@gmail.com

Our Love
(Marlen Bialek)
Fatima Ordinola gelingt es meisterhaft, mit reduzierten Mitteln die Klaviatur der Emotionen zu bedienen. Der klare Fokus auf die Darstellung inniger Momente zwischen Eltern und Kindern aus dem Tierreich wirkt herzerwärmend und ist beeindruckend. Aus den Bildern spricht: Liebe.Besonders überzeugend sind dabei das Spiel mit Perspektiven und der meisterliche Einsatz von Farben und Perspektiven. Die Doppelseiten sind bewusst einfach gehalten und entfalten gerade deswegen ihre wuchtige Wirkung. Zusammen mit den kurzen, liebevollen Texten ein wunderbares Buch, das große wie kleine Leser*innen berührt und zur Reflexion anregt: Was macht die Liebe in meiner Familie besonders?

Tabea Martin, Kontakt und Jurystatement

tabeamartin@hotmail.com

Der allerheißeste Tag
(Prof. Yirmi Pinkus)
Das Buch basiert auf der Eingangsfrage der ersten Seite: „Heute ist der allerheißeste Tag! Was könnte ich unternehmen?“
Jede Doppelseite bietet eine neue visuelle Antwort. Die Szenen werden durch die Stimme des Textes zu einer erzählerischen Linie verwoben. Die Künstlerin wechselt mühelos von der detaillierten Beobachtung der Realität zur Imagination fantastischer Szenen. Die Leser*innen erfreuen sich an dokumentarischen Darstellungen von Geschäftsleuten, die während ihrer Mittagspause die Füße in einem Brunnen kühlen und an satirischen Szenen aus dem Wassergymnastikkurs, den ein gutaussehender Rettungsschwimmer für begeisterte Damen gibt.
Auf eine intime Illustration über die Bemühungen einer Frau, sich unter einem Strandtuch umzuziehen, folgt eine imaginäre Szene über das Trinken von Champagner am Rande eines privaten Pools.Die Erzählung bewegt sich zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen, zwischen dem Authentischen und dem Lächerlichen.Das eigentliche Thema dieses Bilderbuchs ist jedoch das visuelle Drama. Tabea Martins Illustrationsstil ist üppig und leidenschaftlich. Die malerischen Gesten sind einfach und doch kühn, großzügig und dynamisch zugleich.
Die satten Farben laden das Buch mit Lebensfreude auf.

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Kirim Nam, Kontakt und Jurystatement

kirimie@naver.com

Den Tod feiern

(Dr. Dagmar Gausmann)
„Den Tod feiern“ nennt die südkoreanische Illustratorin Kirim Nam ihr Bilderbuchprojekt über diverse Rituale, Verstorbene nach ihrem Tod zu ehren, zu beerdigen, zu verbrennen – oder den Leichnam an Vögel zu verfüttern. Acht Kulturen stellt sie mit ihren kulturellen Praktiken in bühnenähnlichen Bildräumen vor. Die Personen sind weniger Individuen als scherenschnittartige Gestalten, die das allgemein Verbindende des jeweiligen Rituals „vorführen“.
Die Tableaus werden durch eine alle Länder und Sitten verbindende Farbgebung des Bildraums, des Bildaufbaus und der Figurengestaltung geeint. Es entsteht der Eindruck der absoluten Gleichwertigkeit aller Praktiken. Eine stille Distanz des Betrachtens wird so ermöglicht.
„Meine Illustrationen wurden in einer Mischtechnik aus Gouache- und Schablonenmalerei als Collagen erstellt. Ich schnitt die einzelnen Komponenten der Illustrationen aus und bemalte sie mit Texturen, als wären sie kleine flache Skulpturen. Durch die Texturen drückte ich die vagen Gefühle über Leben und Tod aus, die nicht verbal ausgedrückt werden können.“

Julia Neuhaus, Kontakt und Jurystatement

info@julianeuhaus.de

Die unglaublichen Abenteuer des Herrn Pe
(Prof. Yirmi Pinkus)
​Herr Pe verweist auf eine einzigartige Tradition in der Geschichte der Literatur: Die Nonsensgeschichte.
Der Autor Tim Penzek und die Illustratorin Julia Neuhaus, beherrschen die Regeln der Nonsensgeschichte und bieten dem Kind auf jeder Doppelseite eine reizvolle Überraschung.Die wichtigste literarische Errungenschaft dieses Buches ist die Konstruktion einer spannungsvollen Beziehung zwischen Text und Bild.
Die Leser*innen werden mit zwei Erzählsträngen konfrontiert: Dem einfachen und lakonischen Text – und einer Illustration, die eine alternative visuelle Interpretation vorschlägt.
Das Kind muss diese Beziehung entschlüsseln. Die Illustrationen sind reich an Details und vermitteln eine eigenständige visuelle Erzählung.
Das Ergebnis ist ein lustiges Buch mit einer starken surrealistischen und spielerischen Atmosphäre.

Eden Ofir, Kontakt und Jurystatement

edenofir1@gmail.com

It´s Like Nothing You´ve Ever Seen
(Dr. Dagmar Gausmann)
Die Protagonistin, die wir bei ihrem Duschritual begleiten, nimmt die Brille ab, die sie tagsüber braucht und ihr verschwommenes Phantasieabenteuer beginnt.
Mit dem Absetzen der Brille erscheinen Fisch, Pelikan und Pinguin im Badezimmer.
Eden Ofir nennt ihren Character „theatralisch“. Und das trifft es gut. Nicht nur die in der Duschwanne stattfindende Choreografie erinnert an ein Kammerspiel, sondern auch die Verse, die jedem Bild in bestechend schöner hebräischer Kalligrafie beigegeben sind, erinnern an das Theater.
Eden Ofir gestaltet ihre Szenen und Figuren mit Zuschnitten unterschiedlichster Papiere als Collage.
Ganz und gar nicht niedlich ist diese Mädchenfigur unter der Dusche. Der Mund weit aufgerissen, der Po vom Rücken seitlich an den Körper gewandert – ein wenig erinnert das an kubistische Darstellungen.
Die Betrachter*innen werden aufgefordert, diese Multiperspektivität zu einem neuen Bild zusammenzusetzen.
Es ist denkbar, dass das Kindern großen Spaß macht. Auf jeden Fall werden gewohnte Sichtweisen lustvoll durchbrochen. Wenn es einem dann zu viel wird, kann man ja die gewohnte Brille wieder aufsetzen.

Karen Exner, Kontakt und Jurystatement

exner.karen@gmail.com

(Annika Siems)

Nicht zuletzt das ungewöhnliche Format des Buchs „Hüte“, das durch sein ikonisches Coverbild optimal in Szene gesetzt wird, zieht sofort die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich.
Die auf den ersten Blick einfache Konzeption – Darstellung von Personen mit Kopfbedeckungen – ist auf den zweiten Blick ein geschickter Fokus auf das Wesentliche. Der Rhythmus des Buches wird immer wieder durch ganzseitige Illustrationen unterbrochen, auf denen eine Szenerie die gezeigten Hüte verortet. Besonders in diesen Arbeiten zeigt sich die Qualität der Stilistik und die Vielfalt der Bildsprache.
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